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EHRENFELD, WAS ISST DU?
URBANE AGRIKULTUR IM FELDVERSUCH

greenwayIndustriebrache am Grünen Weg, Köln-Ehrenfeld

„Ehrenfeld, was isst Du?“ wird während plan-Woche in der DQE-Halle an der Heliosstraße gefragt. Mit Recht. Denn die Karte ist so vielfältig wie die Struktur und Kultur des Stadtteils. Auf dem Menü stehen wohl angerichtete bürgerliche Wohnraster der Gründerzeit neben Gewerbe- und Industriebrei, fader Nachkriegsarchitektur und verranzten Stadtbrachen. So vielfältig und unterschiedlich wie der Stadtraum sind auch die Bewohner und Nutzer. Wurstbrot trifft auf junkfood, trifft auf Müsliriegel, trifft auf Kebab. Soweit die Klischees!

plan10 geht der Sache auf den Grund und lädt zum gemeinsamen Umgraben, Aussäen, Düngen, Jähten, Gießen und Verkosten ein. In dem Projekt soll die Ehrenfelder Bevölkerung jeglicher Couleur angestiftet werden, sich Ressourcen zurückzuerobern, die für alle gleich bedeutend sind: städtische Freiräume und die eigene Erzeugung von Nahrungsmitteln. In einem Workshop wird ergründet, welche Formen der landwirtschaftlichen Produktion im städtischen Kontext möglich sind. Die (Zwischen-) Nutzung von Stadtbrachen und Restflächen für ein „urban farming“ soll auch von einem „urban tracking“ begleitet werden. Das Ehrenfelder Terrain mit seiner Vielzahl von Brachflächen ist prädestiniert für grüne Durchwegung und informellen Wegeverbindungen. Denn viele Flächen Ehrenfelds, die sich im Umbruch befinden, liegen verschanzt hinter Mauern und Zäunen und sperren sich einer Durchdringung. So entstehen Umwege und Sackgassen. Es werden neue Verbindungen, Abkürzungen und Schlupflöcher erforscht, so dass ein Netz aus schnellen Trampelpfaden entstehen kann. „Direkte, flotte Verbindungen in der Stadt entwickeln“, das klingt schlüssig, aber was hat die Landwirtschaft hier zu suchen?

Auf Einladung der plan-Veranstalter und des Design Quartier Ehrenfeld (DQE) entwickeln Katrin Bohn vom Londoner Architekturbüro Bohn&Viljoen und der Kölner Landschaftsarchitekt Dirk Melzer den Ehrenfelder Feldversuch. Bohn, die seit kurzem als Gastprofessorin an der TU Berlin lehrt und ihre dortigen Studierenden in das
Projekt mit einbezieht, hat sich schon vor Jahren auf produktive Stadtlandschaften spezialisiert, deren Hauptmerkmal die Einbeziehung von urbaner Landwirtschaft ist. Melzer wiederum beschäftigt sich seit langem mit unterschiedlichsten Formen der Stadtvegetation und hat schon im Rahmen von plan09 gemeinsam mit Richard Reynolds einen Guerilla-Gardening-Spaziergang durch Köln organisiert.

Spätestens seit Moritz Schrebers Initiative zur Erzeugung gesunder Nahrungsmittel in der Siedlung hat die Selbstversorgung auch das urbane Feld beackert. Obst und Gemüse sprießen hinter Bahndämmen, Hasen und Hühner vermehren sich unter Hochstraßen. Es geht hier aber nicht um Kleingärtnern, grüne Wohnzimmer und Verwachsen mit der Scholle. Vielmehr soll die landwirtschaftliche Produktion im Rhythmus des städtischen Flächenwandels erprobt werden. Der Stadtbauer braucht nur den Standort, Wasser und Luft. Saatgut, Pflanzen und auch das Substrat bringt er mit, wenn es sein muss, in Kisten, Kübeln und Containern. So kann ein Feld aus „fliegenden Beeten“ entstehen, das sich durch „fliegende Bauten“ ergänzen lässt. Das Bild gleicht eher einem Erzeugermarkt im Stadium der Erzeugung und Beerntung. Und wie ein Markt umziehen kann, so kann auch das Feld der Stadtbauern den Ort wechseln. Wenn schon der Standort nicht „nachhaltig“ ist, so setzt sich doch die Art des Gärtnerns dieses Ziel. Die Berücksichtigung des Arten- und Biotopschutzes am jeweiligen Standort, die Förderung der Sortenvielfalt bei Kulturpflanzen, der Verzicht auf gentechnisch manipuliertes Saatgut oder ein biologischer Pflanzenschutz sollten selbstverständlich sein. Zu dieser ökologischen Komponente gesellt sich noch der soziale Faktor, beispielsweise könnte man private Gärten vernetzen und „Gartenpatenschaften“ vergeben. Es könnte ein großes, gemeinsames Feld entstehen mit unterschiedlichsten Beeten, für die Gruppen und Personen aus allen Teilen der Bevölkerung Patenschaften übernehmen: ein kommunikatives und produktives Ährenfeld.

Schon lange sind Kulturformen der offenen Landschaft in abgewandelter Form in die Städte gezogen: Aus Wald und Weide wurde der Landschaftspark. Warum sollte nicht aus dem Acker ein „Feldpark“ in der Stadt entstehen?

 

 

 

ÜBER DEN AUTOR

Dirk Melzer ist Landschaftsarchitekt und Umweltingenieur. Für plan10 hat er zusammen mit Katrin Bohn die Ausstellung Ehrenfeld, was isst du? konzipiert.

LINKS

www.dirk-melzer.de
www.bohnandviljoen.co.uk


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