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EHRENFELD REVISITED

PLANUNGSGRUNDLAGEN EHRENFELD / SITUATIONSANALYSE
STAND DER DINGE 2009/10

VON JOCHEN SCHARF, AUTOR DER RAHMENPLANUNG EHRENFELD-OST 1980/81

nutzungsstrukturNutzungs- und Baustruktur 1980 und 2010

Der Stadtteil Ehrenfeld besteht aus mindestens 3 verschiedenen Stadtstrukturen. Der älteste Stadtteil (Bereich C) liegt in den Grenzen des Ehrenfeldgürtels, der Inneren Kanalstraße, der Subbelrather Straße und der Weinsbergstraße. Für diesen Bereich bestehen Daten aller Art aus dem Jahre 1981, so dass hier die Stadtteilveränderungen über den langen Zeitraum von 30 Jahren beschrieben werden können. Die Stadtstruktur ist bis auf wenige Randbereiche noch im Zustand der Gründungszeit zwischen 1860 und 1900 und wird ein Beispiel dafür geben, welche Veränderungen in der Nutzungsart und in der Bevölkerungszusammensetzung unter Beibehaltung des Baubestandes, abgesehen von technischen Modernisierungen, möglich sind.
In diesem Stadtteil ist von besonderem Interesse, dass ungefähr seit 2000 dynamische Veränderungen stattfinden, die nicht zu erwarten waren. Die Haushalte verkleinern sich und die Nutzung der vorhandenen Erdgeschossflächen und Hofgebäude verschiebt sich von Gewerbe und Dienstleistung hin zu kreativen Berufen. Als Beispiel sei der  Block 92 (Venloer-/ Wahlen-/Körnerstraße) in seiner Nutzung 1980 und seiner Nutzung 2010 ausgeführt.

Der Vergleich zeigt Veränderungen in allen Nutzungsarten.

utensilDie Körnerstraße 21, 1980 und 2011

Wohnen

  • Alle Lücken sind aufgefüllt worden, teils mit öffentlich gefördertem Wohnungsbau, teils freifinanziert.
  • Schmale (ca. 6 m), alte, ruinöse 2-geschossige Bauten sind zu Stadthäusern umgebaut (Anzahl 3, Stammstraße).
  • Als Wohnergänzung ist ein Frauenhaus neu gebaut worden. Es nimmt Frauen aus prekären Familienverhältnissen vorwiegend aus dem Viertel auf.
  • Auffällig viele ehemalige Geschäfte im Erdgeschoss sind im Zusammenhang mit dem Hof und mit Hofanbauten zu Wohnungen ungebaut worden (8).

Sekundärer Sektor

Handwerksbetriebe, teils mit angeschlossenem Handel, haben sich von 10 auf 1 reduziert und sind ersetzt worden durch Einrichtungen aus dem

Tertiärem Sektor

Weit überwiegend ist das Handwerk durch Spezialgeschäfte aus dem Kunstbereich z.B. „Musikchirurg“, Filmmietstudio, Ateliers und kunstgewerbliche Läden ersetzt worden. Von 3 Gaststätten besteht noch eine. Stattdessen haben sich an der Venloer Straße 3 spezielle Esslokale etabliert.
Auch in den anderen Straßen des Bereiches C haben sich viele kleine Büros, Ateliers, Geschäfte angesiedelt, die im Design-Bereich tätig sind.

Dieser Vorgang hat aber nichts mit Verdrängung zu tun, sondern damit, dass aufgegebene Nutzungsarten in diesem Bereich von der Größe der Flächen und vom Preis her für freiberufliche Anfänger geeignet waren, mit wenig Risiko nachzurücken. Auch das in den 90-er Jahren etablierte Einkaufszentrum auf dem Gelände von 4711 hat auf zweierlei Art dazu beigetragen, dass insbesondere der Bereich zwischen Venloer – und Subbelrather Straße einen Nutzungs- und Bedeutungswandel erfahren hat. Die vermutete Wertsteigerung der Lage hat an der Venloer Straße höhere Mieten nach sich gezogen, das wiederum hat eine Selektion der Geschäfte bewirkt, so dass das differenzierte, aber umsatzschwache Angebot für besondere Textilien oder für innovativen Schmuck in die Seitenstraßen verdrängt wurde, zugunsten von Handyläden und Stehimbissen.
Andererseits bietet neuerdings das Bürohochhaus Platz und Ambiente für den 2. Schritt bereits etablierter Kreativer, in Profibereiche umzuziehen.
Es gibt weitere Anzeichen dafür, dass der Bedeutungswandel des Bereichs schon spätestens Anfang der 90-er Jahre eingesetzt hat und sich auf die Nutzungs- und Bevölkerungsstruktur lebensqualitäts-steigernd ausgewirkt hat.
Gegenüber 1981 gibt es ein differenziertes Angebot durch 4 Buchhandlungen, vorher gab es keine.
Es gab 2 Ärzte, jetzt 6.
Es gab 0 Anwälte, jetzt 7.
Es gab 1 Architekten, jetzt 6.
Es gab 2 Banken, jetzt 5.

Deshalb stellt sich kaum noch die Frage nach der Veränderungsrichtung, sondern nur noch die Frage, ob eine vorsichtige Steuerung die Veränderung verstärken soll oder abschwächen kann.
Dass eine Verdrängung auf Bevölkerungsebene im Sinne einer Gentrifizierung seit 2000 bis 2010 parallel zu den beschriebenen qualitativen Verbesserungen stattgefunden haben könnte, lässt sich anhand der statistischen Daten nicht nachweisen.

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Statistische Auswertung (Bereich C)

Bei leicht von 17993  (2005)  auf  18079  (2009)  steigender Bevölkerungszahl hat der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund  um 0,9% abgenommen  (30,5/29,6%), die der Ausländer um 1,6%  (21,8/20,2%) . Da ca. 12% der Kölner jährlich innerhalb der Stadt umziehen, können die geringen Prozentsätze keine Auskunft geben, ob Umzüge oder Abwanderungen passiert sind.
Für SBG II – Leistungsempfänger liegen für Bereich C keine Daten vor.
Anzumerken ist, dass die Zahl der unter 18-jährigen sinkt und die der über 65-jährigen steigt, auch dies ein Hinweis auf Stagnation in der Bevölkerungszusammensetzung und – indirekt – auf eine schlechte Infrastruktur für Kinder und Schüler.

Fazit

Es wird festgestellt, dass im Bereich C (Alt-Ehrenfeld) durch die Statistik keine Verdrängung von Unterprivilegierten nachweisbar ist, die Veränderungen in diesem Bereich liegen unter 2%.
Andererseits hat mindestens für den beobachteten Teilbereich (Block 92) ein bedeutender Wandel in der Nutzungsstruktur in Richtung tertiärem Sektor und hier besonders für kreative Berufe stattgefunden. Dieser Wandel kann im ganzen Bereich C dort beobachtet werden, wo die Baustruktur dem Block 92 ähnlich ist.
Die Aufwertung des Bereiches C lässt sich über den Zeitraum von 30 Jahren anhand der Nutzungsarten Buchhandlungen/Ärzte/Anwälte/Architekten/Banken sehr positiv bilanzieren. Das Anwachsen dieser Dienstleistungsbereiche lässt auf wachsenden Wohlstand im Bereich C schließen bei – zumindest in den letzten 10 Jahren – fast gleicher Bevölkerung.


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ÜBER DEN AUTOR

Dipl.-Ing. Jochen Scharf BDA, Architekt und Stadtplaner, Köln.

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